Acht bis neun Tote pro Tag, dazu 1.053 Verletzte – das ist die Bilanz des Straßenverkehrs allein in Deutschland. Weltweit sind es 3.700 Tote, jeden Tag!
Vergleiche machen die ungeheure Zahl greifbar: Zwei bis dreimal geht die Titanic unter, stürzen sieben vollgestopfte Jumbojets 747 ab oder entgleisen 37 Züge mit so vielen Toten wie beim bisher schlimmsten Zugunglück in Deutschland (Eschede 1998). Dürften dann noch Flugzeuge starten oder Zug fahren? Die Autos dürfen – ihnen werden sogar noch neue Todespisten gebaut, der Kauf dieser Mordinstrumente wird vom Staat großzügig gefördert. Wahnsinn? Nein, Alltag. Ein Blick in den Abgrund. Während du bis hier gelesen hast, ist schon wieder irgendwo auf der Welt ein Mensch durch einen Autounfall gestorben. Alle 23 Sekunden geschieht das – die Todesursache Nr. 1 für Kinder und junge Menschen zwischen 5 bis 29 Jahren. Die Verletzten zu zählen, geht da gar nicht mehr. Zack – jetzt ist die Zeit rum (beim Lesen), dass es wieder einen Unfall mit Verletzten gab in Deutschland. Es werden noch einige mehr werden, bis du den Artikel durch hast. 88.850 Fahrradfahrer*innen sind 2018 in Deutschland verunglückt. Wer dem blutigen Gemetzel auf den Straßen glücklich entkommt, kann lang noch nicht aufatmen. Im Gegenteil: Die Verbrennungsmotoren stoßen ständig Abgase aus – manche giftig, andere heizen die Atmosphäre auf. In der Produktion geschieht das bei allen Fahrzeugen, egal welchen Antriebs. Feinstaub, stammt vor allem vom Reifenabrieb – auch da nützt ein Wechsel des Motors nichts. Seriöse Schätzungen gehen von 13.000 Toten jährlich durch Luftverschmutzung aus, allein in Deutschland. In Europa sind es 400.000, weltweit 4,5 Millionen. Der Anteil des Verkehrs an der Luftbelastung steigt seit langem an. Wer das Drama überlebt, bekommt auf die Ohren. Bis in den letzten Winkel werden Natur und Wohngebiete vom Verkehrslärm überzogen. Ab 30 km/h übertönt der Lärm der Reifen den des Motors — auch hier nützt ein Antriebswechsel also wenig. Doch die Politik kümmert sich. Damit kleine Kinder nicht platt gewalzt werden, zäunen sie Spielplätze und Kindergärten ein. 0,6 qm Spielplatzfläche gibt es pro Kind in Berlin. 12 qm groß ist hingegen jeder Parkplatz. Wie müssen wir unsere Autos lieben, dass wir ihnen das fast 15-fache an Platz einräumen und die Opfer (Kinder) einsperren, damit die Täter (Autos) frei ihr Unwesen treiben können. Und es werden mehr, jedes Jahr ein Prozent. Das nennt mensch exponentielles Wachstum. In Niedersachsen kommen 5,9 Autos auf 10 Einwohner*innen – Babys und alle ohne Führerschein mitgerechnet. 1970 legten PKWs auf Bundesautobahnen 35 Mrd. Kilometer zurück. 2016 waren es schon 243,5 Mrd. Kilometer. Das 7‑fache, Tendenz steigend. Das hat Folgen: Der CO2-Ausstoß im Straßenverkehr in Deutschland stieg von 1990 mit 163 Mio. Tonnen auf 166 Mio. Tonnen im Jahr 2017. Eigentlich wollte die Bundesregierung bis 2030 40% einsparen, bis 2017 war es aber sogar mehr geworden. Überraschend kommt das nicht. Zwar arbeiten Motoren immer effizienter, aber sie müssen immer mehr Gewicht auf stetig längeren Strecken bewegen. Im August 2019 waren SUV erstmals die am meisten verkaufte PKW-Klasse. Ihnen eiferten die anderen nach: Der VW-Golf nahm zwischen 1974 und 2020 um mehrere 100 kg zu, erhöhte seine PS-Zahl von 50 auf 115 und wurde zudem 50cm länger. Hinzu kommt der Neubau von Straßen. Für die vor kurzem fertiggestellte A94 wurde die Wirkung untersucht. Das Ergebnis: Viele Menschen sind vom ÖPNV aufs Auto umgestiegen. Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten! Verstärkt wird das durch den Abbau von Alternativen: Seit 1990 sind in Deutschland 6.467 Kilometer Bahnstrecken stillgelegt worden. Dabei ist das Auto völlig uneffizient. Per Straßenbahnen, Fahrrad oder zu Fuß lassen sich bei gleichem Platzbedarf viel mehr Menschen bewegen. Die brauchen zudem keine oder nur kleine Flächen für das Parken, keine oder viel weniger Antriebsenergie, verpesten die Luft nicht und fahren weitgehend geräuschlos. Zudem sparen sie Zeit. Zusammengerechnet fünf Tage verbringen Autofahrer*innen jährlich durchschnittlich im Stau. Hinzu kommen Parkplatzsuche und der Anteil an der Lohnarbeit, der zur Finanzierung des Autos nötig ist. Es ist an der Zeit, sich von einer Mobilitätsform zu verabschieden, die tötet und verletzt, Zeit und Geld klaut, Kinder in Käfige zwingt, riesige Flächen verschlingt, lärmt und stinkt.
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